Interviews
Interview 7. Dezember 2008
Das Interview führte Jakob Gurschler von Global 2000:
Gurschler:
Klaus, Sprachen und Kulturen sind deine große Leidenschaft, du sprichst mehrere Sprachen, etwa Französisch, Italienisch, Englisch, Russisch und hast sogar Jiddisch kennen gelernt. In welcher Sprache schreibst du besonders gerne?
Ebner:
Natürlich schreibt man als Autor zumeist in der Muttersprache, also in meinem Fall auf Deutsch. Aber es hat sich bei mir tatsächlich ergeben, dass ich einen Teil meiner Lyrik in einer zweiten Sprache zu schreiben, und das ist Katalanisch.
Gurschler:
Wie kommt man auf Katalanisch?
Ebner:
Ich habe nicht das Gefühl, ich hätte mir diese Sprache gezielt ausgesucht. Aber es hat mit meinem Interesse für Sprachen zu tun, mit meinem Romanistikstudium und den Kontakten, die ich in die Katalanischen Länder habe. Und nach einer Zeit sehr intensiver Lektüre fiel mir plötzlich auf, dass ich teilweise schon auf Katalanisch träumte. Der Schritt zum Schreiben von Gedichten war dann ein sehr kleiner, und anfänglich fühlte ich mich dabei sehr unsicher. Die Sicherheit kam dann im Gespräch mit befreundeten katalanischen Autoren, die sich das angesehen haben und mir Feedback gaben.
Gurschler:
Wie fühlt es sich an, auf Katalanisch zu schreiben?
Ebner:
Wie fühlt es sich an, auf Deutsch zu schreiben? Beides ist in mir drin und geht mir gut von der Hand.
Gurschler:
Du hast über hundert Fachartikel und zahlreiche Bücher über IT-Technik geschrieben. Gibt es eine Verbindung zwischen dieser Tätigkeit und deinem schriftstellerischen Engagement?
Ebner:
Keine direkte, aber eine indirekte Verbindung, und zwar, wenn es um die Schreibtechnik geht. Das Schreiben von Fachliteratur sorgte für eine gewisse Routine, und ich glaube, dass mir das Schreiben von Artikeln Fertigkeiten vermittelt hat, die ich auch beim Schreiben von Literatur gut verwenden kann. Zudem habe ich mit den Fachbüchern erfahren, wie man mit Verlagen arbeitet und wie man ein ganzes Buch fertigbekommt – in diesem Fall noch dazu mit Abgabetermin.
Gurschler:
Wie du schreibst, besaß eure Familie in deiner Kindheit einen Garten in Niederösterreich, der als Ferienaufenthaltsort diente. Inwiefern spielt die Begegnung mit der Natur in deiner schriftstellerischen Tätigkeit eine Rolle?
Ebner:
Ich glaube, eine sehr untergeordnete. Ich fühle mich als typischer Stadtmensch, und da ist Natur für mich eher zweitrangig. Aber natürlich sind auch Stadtleben und Gesellschaft gewissermaßen in die Natur eingegliedert, also kann ich nicht sagen, dass es gar keine Rolle spielte. Ich denke, in meinen Texten ist Natur eher implizit vorhanden, als großer Rahmen oder quasi in einer – durchaus gewichtigen – Nebenrolle, aber kaum als Hauptthema.
Gurschler:
Du hast ein Studium für Europäische Wirtschaft und Unternehmensführung absolviert. Wie beurteilst du aufgrund dieser Erfahrung die Möglichkeiten von Unternehmen, Verantwortung für den Schutz der Natur, unserer natürlichen Ressourcen und der Gesundheit des Menschen zu übernehmen?
Ebner:
Ehrlich gesagt stört mich ein wenig der Begriff Möglichkeiten. Denn eigentlich geht es hier nicht um Möglichkeiten, sondern um Selbstverständlichkeiten. So wie es Grundrechte gibt, gibt es auch Grundpflichten, und ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt ist eine Grundpflicht für jeden Einzelnen und jedes Unternehmen. Aus meiner Sicht ist Wirtschaft außerdem etwas, das dem Menschen überleben hilft. Wenn Wirtschaft natürliche Ressourcen vergeudet oder zerstört, verkehrt sie sich in ihr Gegenteil: dann hilft sie uns nicht überleben, sondern läutet unsere Vernichtung ein.
Gurschler:
Zurück zur Literatur. Welche Bücher liest du als Schriftsteller gerne.
Ebner:
Also ich bin jemand, der durchaus bis zu zehn Bücher gleichzeitig liest, das heißt, der Bücherstapel auf meinem Nachtkästchen ist sehr hoch. Ich lese in erster Linie Literatur und da hauptsächlich österreichische, französische und katalanische.
Gurschler:
Eine besondere Buchempfehlung für Weihnachten?
Ebner:
Ach, da gibt es so viel ...
Gurschler:
Und was wünschst du dir zu Weihnachten?
Ebner:
Viel Ruhe.
Interview 30. November 2007
Das Gespräch führte Christof G. Pelz, Kommunikationsdesigner und Art Director, mit dem Autor im Anschluss an eine Lesung des FZA Verlages in Wien zum Erscheinen der Anthologie Reisenotizen, die auch einen Beitrag von Klaus Ebner enthält.
Pelz:
Als wir das letzte Mal vor zwei Wochen zusammensaßen, erzählten Sie mir von Ihren Prosatexten. Heute sprechen wir über Essays, von denen einer in der Anthologie Reisenotizen enthalten ist.
Ebner:
Über Barcelona und den barcelonischen Kulturraum.
Pelz:
Essays zählen ja nicht gerade zu den großen Rennern, wenn man einen Buchhändler fragt. Was bewegt Sie dazu, Essays zu schreiben?
Ebner:
Ich glaube, Essays sind eine wunderbare Gelegenheit, nicht nur Gedanken in Worte zu fassen, sondern auch, sich gewissen Themen zu stellen, ohne dazu eine Geschichte erfinden zu müssen.
Pelz:
Ist es ein Nachteil, eine Geschichte zu einem Thema zu erfinden?
Ebner:
Nein, natürlich nicht. Aber es ist doch so, dass es im Rahmen einer Erzählung oder eines Romans sehr schwer ist, deutliche Aussagen als Autor zu treffen oder zu einer bestimmten Frage Stellung zu nehmen. In fiktionalen Texten lässt sich die Meinung des Autors aus der eines Protagonisten doch kaum herauslösen. Da mischt sich beides. Ob jetzt der Protagonist spricht oder der Autor, das ist nicht klar, und in vielen Fällen soll es auch nicht klar werden.
Pelz:
Sie meinen, weil sich jemand angegriffen fühlen könnte.
Ebner:
Ja. So etwas kann sogar rechtliche Konsequenzen haben. Ein fiktionaler Text soll das bleiben, was er ist: Fiktion. Hingegen bietet ein Essay die Möglichkeit, erstens seine Meinung als Autor offen und klar zu vertreten und zweitens in sehr direkter Weise zu bestimmten Themen Stellung zu nehmen. Und das kann sogar unterhaltend sein, wie man an dieser Anthologie sieht.
Pelz:
Die heute vorgestellte Anthologie vereinigt Reise-Essays. Sie haben ebenfalls aus einem Reise-Essay gelesen, aber nicht aus dem über Barcelona.
Ebner:
Das ist richtig. Der Text, aus dem ich gelesen habe, stammt aus einem neuen Manuskript. Das ist ein Essay über Andorra.
Pelz:
Und dieser Essay hat den Umfang eines ganzen Buches?
Ebner:
Ja. Ich habe das erste Kapitel von insgesamt achtzehn gelesen. Dieser Essay, der noch nicht ganz fertig ist, entstand anlässlich einer Reise nach Andorra, die ich mit Unterstützung eines Reisestipendiums für Literatur des Bundes machen konnte.
Pelz:
Das heißt, Sie fuhren einfach nach Andorra, um diesen Essay zu schreiben ...
Ebner:
Die Reise war sehr wichtig, um Daten zu sammeln und vor allem das Land, das ich zum letzten Mal vor zwanzig Jahren besucht habe, aus einer heutigen Sicht zu beurteilen.
Pelz:
Wie kommt man ausgerechnet auf Andorra?
Ebner:
Das ist fast schon eine lange Geschichte. Die Idee dazu stammt eigentlich von Karl-Markus Gauß. Ich hatte einen kurzen Reise-Essay geschrieben und als so genannten Kulturbrief in der Zeitschrift Literatur und Kritik veröffentlicht. Karl-Markus Gauß fragte mich dann, ob ich nicht Lust hätte, so etwas in Buchform zu machen. Dazu fehlte mir natürlich einiges an Material, weil ich Andorra wie gesagt vor zwanzig Jahren zum letzten Mal gesehen hatte. Und als mir dann das Reisestipendium vom Ministerium bewilligt wurde, war klar, dass ich dieses Buch tatsächlich schreiben würde. Zusätzlich kam mir natürlich zugute, dass ich katalanisch spreche und dadurch einen relativ uneingeschränkten Zugang zur andorranischen Kultur habe im Vergleich zu jemandem, der die Landessprache nicht versteht.
Pelz:
Haben Sie dann in Andorra nur Daten gesammelt oder bereits am Buch geschrieben?
Ebner:
Beides. Auf der einen Seite versuchte ich, so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen, sprach mit Autoren, Buchhändlern und anderen Leuten, kaufte eine Menge Literatur und holte einiges an Wissen nach. Auf der anderen Seite begann ich sofort zu schreiben. Die Grundstruktur des Buches bestand schon, bevor ich abflog, auch wenn sich daran noch einiges geändert hat. Zum Teil war es fast wie das Schreiben eines Tagebuches. Am Abend im Pensionszimmer, aber auch beim Mittagessen im Kaufhausrestaurant oder ganz einfach auf der Straße.
Pelz:
Auf der Straße? Wo konnten Sie auf der Straße schreiben?
Ebner:
Wo immer ich Platz fand. Das heißt: auf einer Parkbank, auf Plätzen, vor der Universität, in einem Café im Freien. Das Faszinierende ist, dass es dadurch zu interessanten Begegnungen kam und ich noch viel mehr erfahren habe als geplant war. Wenn man sich auf eine Bank oder an den Straßenrand setzt, das Notebook hervorzieht und eine Weile tippt, sprechen einen die Leute von selbst an. Man kommt ins Gespräch, erfährt, wer sie sind, und sie erzählen einem gleichzeitig eine Menge über ihr Land.
Pelz:
Das sind vor allem junge Leute, nehme ich an.
Ebner:
Die einen ansprechen? Das würde ich gar nicht sagen. Es geht quer durch alle Altersschichten. Auf dem Platz vor der Universität in Sant Julià lernte ich einen Pensionisten kennen, der in jungen Jahren in Deutschland gearbeitet hat und deutsche Literatur mag. Nach einer Weile erzählt er mir, dass er eben erst die Erinnerungen von Stefan Zweig gelesen hatte.
Pelz:
Also ein unerwarteter Österreich-Liebhaber.
Ebner:
Das kann man so sehen, ja. Ein pensionierter Andorraner mitten in Andorra, der plötzlich Deutsch spricht und österreichische Literatur kennt. Ich fand diese Begegnung so ungewöhnlich, dass ich sie in mein Buch aufgenommen habe.
Pelz:
Wann erscheint das Buch?
Ebner:
Ich hoffe, nächstes Jahr. Vermutlich werde ich das Manuskript im Jänner fertig haben, und in der Zwischenzeit bin ich intensiv auf Verlagssuche.
Pelz:
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview 16. November 2007
Das Gespräch führte Christof G. Pelz, Kommunikationsdesigner und Art Director, mit dem Autor anlässlich der Neuerscheinung des Prosabandes Lose.
Pelz:
Die meisten Debüts sind heutzutage Romane. Sie brachten einen Band mit Kurzgeschichten heraus. Warum?
Ebner:
Das hat mehrere Gründe. Zum Einen ist es viel leichter, Kurzgeschichten oder auch Kurzprosa in Zeitschriften zu veröffentlichen. Und mit den Jahren sammelt sich da einiges an - das aber in Form einer eigenständigen Publikation nicht greifbar ist ...
Pelz:
Was schade ist.
Ebner:
Genau. Deshalb die Idee, diese Geschichten in einem Buch zu sammeln.
Pelz:
Es sind aber nicht nur bereits veröffentlichte Texte in Ihrem Buch.
Ebner:
Nein, das ist korrekt. Von den insgesamt fünfundvierzig Kurzgeschichten sind es an die zwanzig, die schon einmal in Literaturzeitschriften oder Zeitungen veröffentlicht waren. Bei den anderen handelt es sich um bislang unveröffentlichte Texte.
Wie gesagt, das war einer meiner Gründe, dieses Buch herauszubringen. Ein zweiter Grund ist ein ganz profaner, nämlich dass ich, wie die meisten Kollegen, vom Schreiben nicht leben kann und deshalb auch einen Brotberuf ausübe. Der nimmt mir aber so viel Zeit weg, dass ich zum Schreiben eines Romans erheblich länger brauche als jemand, der sich den ganzen Tag mit Literatur auseinandersetzen kann.
Pelz:
Klingt da ein wenig Verbitterung durch ...?
Ebner:
Nun, vielleicht. Schließlich möchte man sich vollständig seiner schriftstellerischen Arbeit widmen können, aber mit einem Nebenberuf, der zeitmäßig ja der Hauptberuf ist, geht das eben nicht. Deshalb schreibe ich bereits seit dreizehn Jahren an einem Roman.
Pelz:
Seit dreizehn Jahren? Das ist eine sehr lange Zeit.
Ebner:
Auf den ersten Blick ja. Ich muss aber sagen, gerade bei diesem Roman ist es von Vorteil, dass ich mir so lang Zeit lasse, weil sich in der Handlung und in den einzelnen Kapiteln noch einiges entwickelt. Ich glaube, wenn ich diesen Roman sagen wir innerhalb von vier Jahren geschrieben hätte, dann wäre er nicht so gut geworden, wie er, glaube ich, werden wird.
Pelz:
Dürfen wir nun bald mit einer Veröffentlichung dieses Romans rechnen?
Ebner:
Da bin ich eher vorsichtig. Derzeit fehlen zwar nur mehr zwei Kapitel, aber ich kann nicht sagen, wann diese fertig sein werden.
Pelz:
Das liegt also wieder an der fehlenden Zeit ...?
Ebner:
Nicht unbedingt. Ich glaube eher, dass diese beiden Kapitel noch wachsen müssen. Sie werden sich entwickeln und reifen, und ich muss einfach abwarten, bis sie das richtige Stadium erreicht haben. Und dann werde ich wissen, dass sie fertig sind und ich bereit bin, diesen Roman zu veröffentlichen.
Pelz:
Und neue Kurzgeschichten?
Ebner:
Kurzgeschichten ja. Oder besser: Kurzprosa. Mein nächstes Buch wird Kurzprosa enthalten. Derzeit bin ich im Gespräch mit einem oberösterreichischen Verlag, und wenn alles gut geht, dann ist es im Frühjahr so weit.
Pelz:
Vielleicht frage ich jetzt etwas naiv: Schreiben Sie das alles parallel?
Ebner:
Natürlich. Das geht gar nicht anders, und ich glaube, dass es ein völlig normaler Vorgang bei jedem Autor ist. Ein Text wie ein Roman entsteht quasi im Hintergrund, weil es einen sehr lange Zeit beansprucht. Dazwischen kommen Kurzgeschichten, Erzählungen, Gedichte und natürlich Essays vor. Das hängt von Einfällen ab, die laufend da sind, von neuen Themen, die man aufgrund eigener Erfahrungen oder auch über Themenvorgaben etwa von Literaturzeitschriften findet, und nicht zuletzt von der Stimmung, in der man sich selbst befindet. Das ist wie gesagt ein ganz natürlicher Prozess.
Pelz:
Das klingt alles sehr aufwändig. Eigentlich hatte ich die Vorstellung, und wahrscheinlich auch viele andere, dass ein Autor sich hinsetzt und dann so lange an einem Werk arbeitet, bis es fertig ist.
Ebner:
Lacht. Das wäre sicher schön. Nein, so ist das nicht. Gerade bei längeren Texten kann es gar nicht so ablaufen, weil allein die natürlichen Tagesabläufe das Schreiben sowieso vielfach unterbrechen. Ich habe meinen Kopf nicht immer in derselben Geschichte, da gibt es Pausen und anderes.
Pelz:
Und dieses andere kann auch ein anderer Text sein.
Ebner:
Genau. Eine kurze Erzählung, ein Hörspiel, ab und zu mal Lyrik. Die entsteht bei mir meistens in den Nachtstunden. Oder auch ein anderer Roman.
Pelz:
Ein anderer Roman? Wie ist das zu verstehen?
Ebner:
Ich kann es mir nicht wirklich aussuchen, wann ich die Idee zu einem Roman habe. Wenn es sie gibt, dann muss ich sie zumindest notieren. Meistens entstehen Romanideen aber in Kombination mit einer bestimmten Szene, einer Gegebenheit oder einem Dialog. Und das notiere ich dann gleich mit. Entweder auf einem Zettel oder in Tagebuchaufzeichnungen. Oder ich beginne gleich eine neue Datei und schreibe dort alles hinein, was mit diesem neuen Roman zu tun hat.
Pelz:
Wird so etwas wieder ein mehrjähriges Projekt ...?
Ebner:
Das kann schon sein. Um ehrlich zu sein, ich zähle nicht die Zeit, die ich für einen Roman benötige. Ich sage immer: jeder Text nimmt sich die Zeit, die er braucht. Ich glaube sogar, dass ich erst durch den Text erfahre, wann er fertig ist.
Pelz:
Durch den Text?
Ebner:
Genau. Das klingt natürlich alles ziemlich verschroben. Im Grunde beschreibt es aber ein Gefühl, das sich bei mir immer dann einstellt, wenn ein Text vollendet ist. Wenn ich aber das Gefühl habe, irgendetwas passt nicht oder fehlt, dann ist er noch nicht fertig. Kann durchaus sein, dass ich ihn dann liegen lassen muss und erst wieder in ein paar Tagen oder sogar Wochen anschaue. Aber ich habe noch nie erlebt, dass dieses Gefühl mich getrogen hätte.
Pelz:
Was schreiben Sie eigentlich am liebsten? Romane? Erzählungen? Gedichte?
Ebner:
Das kann ich so nicht sagen. Es gehört alles dazu und so gesehen schreibe ich alles gern. Es sind völlig unterschiedliche Textsorten, die alle ihre ganz spezifischen Vorteile haben. Jeder Inhalt benötigt seine eigene Form; bei manchen ist das eine Kurzgeschichte und bei anderen eben ein Essay oder ein Gedicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mir das aussuche - es ist eher umgekehrt: ich habe eine bestimmte Idee, ein Inhalt kristallisiert sich heraus, und dann entscheide ich, welche Textsorte diesem Inhalt am besten gerecht wird. Und das schreibe ich dann.
Pelz:
Kann man sich dabei auch irren?
Ebner:
Ich denke, ja. Vor allem kann aus einer Erzählung bei entsprechender Komplexität ein Roman werden. Aber ich habe auch schon einmal eine Kurzgeschichte verworfen, um daraus ein Hörspiel zu machen. Vielleicht passiert das auch, wenn ich dem ersten Impuls nicht nachgebe oder ich mir aus welchen Gründen auch immer eine ganz bestimmte Form einbilde, die jedoch die falsche ist.
Pelz:
Zurück zu ihrem Roman, an dem Sie seit dreizehn Jahren schreiben. Worum geht es da?
Ebner:
Dieser Roman hat viel mit Geschichte und archäologischen Erkenntnissen zu tun. Im Grunde geht es aber um den Glauben der Menschen. Um den Glauben und darum, wie dieser im Rahmen der Menschheitsgeschichte sehr rasch zu einem Machtmittel umfunktioniert wurde. Einerseits faszinieren mich alte Geschichte und Religionswissenschaften, andererseits bringe ich natürlich auch meinen eigenen Standpunkt ein, der ein völlig areligiöser ist. Schließlich geht es darum, die Möglichkeiten eines Nebeneinanders und Miteinander unterschiedlicher Religionen, Atheismen und Lebenseinstellungen aufzuzeigen. Das ist also das Thema. Viel mehr möchte ich eigentlich nicht darüber verraten.
Pelz:
Sie meinen, um die Spannung nicht zu nehmen.
Ebner:
Nein, das ist nicht der Grund. Dieser Roman ist weder gedruckt noch fertig. Und ich mag Unfertiges nicht von mir geben.
Pelz:
Da haben Sie es mit Erzählungen natürlich leichter, weil sie rascher geschrieben sind.
Ebner:
Genau. Eine Erzählung, eine Kurzgeschichte, das entsteht innerhalb von ein paar Wochen, von ein paar Tagen, manchmal sogar innerhalb weniger Stunden. Auch eine Veröffentlichung erfolgt rascher, weil ich hier Literaturzeitschriften als Plattform nutzen kann. Kurze Prosatexte - aber auch Gedichte - sind so gesehen in jeder Beziehung überschaubarer.
Pelz:
Vielen Dank für das Gespräch.