Lesungsnotizen 2015-2022

Niederösterr. Landesbibliothek St. Pölten
20. Oktober 2022

Bereits zum vierten Mal las ich aus meinen Texten in St. Pölten, und es war mein zweiter Auftritt in der Niederösterreichischen Landesbibliothek im St. Pöltener Regierungsviertel. Die Bibliothek ist ein wunderbares Ambiente für kulturelle Veranstaltungen, das diesmal für die Autorenlesung des Österreichischen Schriftstellerverbandes genutzt werden konnte. Begrüßung und Einführung erfolgten durch Dr. Roman Zehetmayer, Leiter des NÖ Landesarchivs und der Landesbibliothek, sowie Christian Teissl, Präsident des OeSV. Eine musikalische Umrahmung gab es von Gerald Jatzek, der ebenso einer der vier Vortragenden war. Er hatte im Vorfeld alle Kolleginnen und mich kontaktiert, weil er die Musikstücke gemäß unserer Texte auswählte. Die Musik vermittelte dann ein Flair von Internationalität und Multikulturalismus, und Gerald sang sogar eines der Lieder auf Griechisch und ein anderes auf Jiddisch.

Katrin Bernhardt trug Gedichte aus ihrem jüngsten Buch vor, Sascha Wittmann einen Auszug aus einem noch unveröffentlichten Roman, und Gerald Jatzek stellte ein neues literarisches Projekt vor. Ich hatte mich entschlossen, diesmal nicht aus einem meiner Bücher zu lesen, sondern eine bislang unveröffentlichte Kurzgeschichte, die ich ursprünglich auf Katalanisch geschrieben und dann mit einigen Freiheiten ins Deutsche übertragen hatte. Die katalanische Version wurde diesen Herbst in Spanien in der Zeitschrift Doll de Tinta veröffentlicht.

Lesungen in St. Pölten nutze ich stets, um einen Studienkollegen zu treffen, der in der niederösterreichischen Hauptstadt seinen Lebensmittelpunkt hat, und ich freute mich, dass es auch diesmal geklappt hat. Auch zwei Freunde aus Wien waren mitgekommen, und einer zog mich nach der Lesung mit der Behauptung auf, er wäre ja nur wegen des Buffets angereist. Dieses bot immerhin viel Gelegenheit zu einem gemütlichen Plausch, zum Erfahrungsaustausch zwischen den Schreibenden und zum Gespräch mit Zuhörerinnen und Zuhörern. Die Lesungen in der Niederösterreichischen Landesbibliothek sind, zumindest meiner Erfahrung nach, immer so gut besucht, dass sie Lust auf einen weiteren Auftritt irgendwann in der Zukunft machen.

Amerlinghaus Wien
10. Juni 2022

Der Kulturverein FZA lud zu einer Veranstaltungsreihe anlässlich des dreißigjährigen Jubiläums des Projektes Freie-Zeit-Art ein. Am dritten Tag dieser Reihe las ich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen, die wir alle einmal im Rahmen des Wiener Werkstattpreises eine Literaturauszeichnung erhalten hatten. Ich gehörte sozusagen zum Urgestein dieses Preises (ich hatte ihn 2007 gewonnen); lediglich Constantin Göttfert war noch dienstälter, allerdings hatte er krankheitsbedingt zu meinem Bedauern kurzfristig absagen müssen.

Sandra Gugič, die sich Tel Aviv aufhielt, nahm mit einer auf Video aufgenommenen Darbietung teil und eröffnete den Lesereigen. Während Ana Drezga und Caro Reichl aus den Erlebnissen junger Leute erzählten, verquickte Markus Grundtner eine Beziehungsgeschichte mit einem Gerichtsprozess, den der Protagonist als Verteidiger führte. Caro Reichl überraschte dabei mit einer überaus gelungenen und gekonnten Vermischung von Standarddeutsch und oberösterreichischem Dialekt – und das inhaltlich und sprachlich. Den Abschluss bildeten Gabriel Schütz und Patrick Wolf.

Mein Text war ein Auszug eines Romans, der sich noch in Arbeit befindet und wohl noch einige Zeit befinden wird. Nur selten lese ich aus einem unfertigen und vor allem unvollendeten Text, doch abgesehen davon, dass dieser Ausschnitt sehr gut zum Motto »Veränderungen« passte, wollte ich sehen, ob die Geschichte, die ich entwickle, beim Publikum auf Interesse stößt. Und, wie soll ich sagen: Das Feedback, das ich erhielt, ist ein Ansporn, mit noch mehr Energie an diesem Roman weiterzuschreiben.

Musikalisch umrahmt und begleitet wurde die Veranstaltung von Christoph CALiM, der gefühlvolle Eigenkompositionen mit Gitarre und Gesang vortrug. Peter Schaden und Monika Kaltenecker vom Verein FZA erzählten Interessantes zur Geschichte des Vereins und des Literaturpreises. Danach gab es die Möglichkeit, bei einem kleinen Buffet und am Büchertisch mit den Autorinnen und Autoren zu plaudern.

Literaturhaus Wien
10. Mai 2022

Die Lesungsreihe »Freiheit des Wortes« der Grazer Autorinnen Autorenversammlung blickt inzwischen auf eine lange Tradition zurück. Veranstaltet wird diese Reihe in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Wien. Ich war eingeladen, an der Lesung teilzunehmen, und es war nicht das erste Mal. Im Literaturhaus lesen zu dürfen, freute mich ganz besonders, weil dieser Veranstaltungsort jedes Mal ein großes Publikum anzieht.

Zehn Autorinnen und Autoren kamen zum Zug, und da liegt es auf der Hand, dass die Texte sehr unterschiedlich sind. Dem Publikum gefällts, denn auf diese Weise kann gar keine Langeweile aufkommen. Zur »Freiheit des Wortes« werden traditionell viele Texte gelesen, die offen oder weniger offen politisch sind. Das können Essays, aber auch Erzählungen oder Lyrik sein. Auch dieses Mal war es so, und das Publikum hörte sehr persönliche erzählerische Texte, ein pamphletartiges Manifest und Lyrisches. Auch ich hatte mir ursprünglich gedacht, ein Gedicht zum gemeinsamen Motto »Wir« zu schreiben und dieses vorzutragen. Meine Intention war eine sehr persönliche, und ich hatte vor, die viel zu oft eintretende Stummheit in Beziehungen aufs Korn zu nehmen. Aber dann hatte, im Februar, der Totale Krieg der Russländischen Föderation gegen die und in der Ukraine begonnen.

Geradezu schlagartig fühlte ich mich völlig unfähig, noch ein Gedicht zu schreiben, denn dieser Krieg, der eine Bedrohung der gesamten Menschheit sein könnte, begleitet uns jeden Tag. In den ersten beiden Wochen brachte ich überhaupt keine Zeile mehr zustande, doch dann schrieb ich nach und nach eine Art Essay, in dem ich genau diese Problematik ansprach. So wurde es ein sehr politischer Text, einer, den ich ehrlich gesagt nicht so ganz zuordnen kann, ein Text, wie ich ihn normalerweise gar nicht schreibe. Ich versuchte meine Stimmung darzulegen, ging auf den Krieg und seine unmittelbaren wie auch mittelbaren Folgen ein. Ein sehr emotionaler Text, und die nachherigen Reaktionen aus dem Publikum sowie von Kollegen zeigten mir, dass ich die Menschen damit erreicht hatte.

Das Literaturhaus nimmt die Lesungen stets auf Video auf und zeigt sie live auf Facebook. Danach kann das Lesungsvideo noch eine Woche lang im Internet abgerufen werden. Anfänglich hatte ich dem keine Bedeutung beigemessen, war dann aber überwältigt, in welch guter Qualität sich die Aufnahme präsentierte. Ein perfekter Ton, ein gutes Bild, die Autoren quasi in Großaufnahme. Hut ab, diese Videos des Literaturhauses sind erste Sahne! Ich beeilte mich, Familienmitgliedern und Freunden, die entweder keine Zeit für die Lesung gehabt hatten oder sich gar nicht in Wien aufhielten, den Link zu schicken, damit sie nachträglich noch an der gesamten Lesung der GAV teilnehmen konnten. Bedauerlich, dass diese Videos nicht viel länger verfügbar bleiben.

Online-Lesung (Youtube) des OeSV
14. Jänner 2021

Die COVID-Pandemie machte Lesungen für lange Zeit unmöglich, und die ersten Öffnungen unterlagen (zu Recht) strengen Hygieneauflagen, die viele Zuhörerinnen und Zuhörer dazu bewegten, gar nicht erst zu kommen. Aus diesem Grund fasst der Österreichische Schriftsteller/innen/verband den Entschluss, Lesungen seiner Autorinnen und Autoren aufzunehmen und online auf Youtube zur Verfügung zu stellen. Auch ich war dazu eingeladen und freute mich über diese Möglichkeit.

Die Auswahl der Texte war rasch getroffen, doch dann schlug ich mich eine Weile mit der Software herum. Tipps aus dem Verbandsbüro halfen mir natürlich weiter. Trotzdem musste ich mich auf eine Art Entdeckungsreise begeben, und ich nahm meine Texte gleich fünfmal auf, weil entweder der Ton nicht stimmte oder das Bild zu dunkel war, ich mich beim Lesen verhaspelt hatte oder ich meinen Vortrag als zu schnell empfand. Letzten Endes klappte es jedoch, und die Datei, die vom OeSV noch endverarbeitet wurde, konnte in Youtube veröffentlicht werden.

Ein wunderbarer Nebeneffekt dieser Kampagne ist, dass diese Lesung nun ohne Zeitbegrenzung abrufbar ist und sie auch von jenen Personen angesehen werden, kann, die mich zwar kennen und gerne einer Lesung beiwohnen würden, die aber gar nicht in Österreich leben und somit kaum eine Möglichkeit haben. Das Internet machts möglich: Meine Lesung ist abrufbar!

Atelier Zeller, Stammersdorf
11. September 2020

Eine Lesung im Hof des Hauses, das heißt, eigentlich im Garten, denn ein solcher gehört zum Atelier Zeller in Stammersdorf. Die Grundidee, die Lesung im Freien zu veranstalten, ist den COVID-Einschränkungen geschuldet, doch erwies sich die Wahl an diesem milden, ausreichend warmen Spätsommerabend als eine wunderbare. Gewiss, ich musste ein wenig lauter lesen, weil die Akustik unter freiem Himmel eine ganz andere ist, doch Musik und Literatur in einem grünen, natürlichen Ambiente, flankiert von Malerei im Innern des Ateliers, sind etwas ganz Besonderes.

Die Lesung durfte ich gemeinsam mit dem Cellisten Ion Storojenco halten, der aus Moldawien stammt, doch inzwischen in mehreren hochkarätigen Symphonieorchestern Österreichs zu Hause ist. Er spielte die Cello Sonate Nr. 8 des ungarischen Komponisten Zoltán Kodály, drei Sätze, welche die literarischen Texte fein umrahmten, sowie zum Abschluss Johann Sebastian Bachs Präludium in G-Dur. Da wir auf unserer kleinen Bühne direkt nebeneinander saßen, hatte ich Gelegenheit, das flinke Spiel der Finger zu beobachten, die geradezu in einem Höllentempo über den Hals sausten und trotzdem jeden Ton präzise trafen. In Kodálys Cellosonate wird gestrichen und gezupft, und die Kombination dieser Techniken vermittelte die ganz eigene Atmosphäre dieses Musikstücks. Dass der »Stachel« des Cellos im Instrument versenkbar ist, habe ich am Beginn der Veranstaltung gelernt, denn ich dachte stets, er würde angeschraubt. Ion trug souverän die Sätze der sonst eher selten zu hörenden Sonate vor, und dass er während des Spielens noch in der Lage war, Notenseiten umzublättern, hat mich fasziniert.

In zwei Abschnitten trug ich Kurzgeschichten und andere Prosatexte aus meinen Büchern Lose, Auf der Kippe und Ohne Gummi vor. Dabei unterlief mir das Missgeschick, dass ich einen Text, Der Trinker, der für den ersten Abschnitt vorgesehen war, übersah und erst im zweiten Abschnitt brachte. Womit dieser Leseteil für mein Gefühl eine Spur zu lang wurde – doch die Anwesenden durften sich dafür auf eine etwas früher einsetzende Pause und das Buffet freuen, das von Eva und Manfred Zeller bereitgestellt wurde. Natürlich gab uns die Pause viel Gelegenheit zum Plaudern, über Bücher, Musik und Malerei.

Während der Pause und nach Abschluss von Musik und Literatur konnten die Aquarelle, Zeichnungen und Ölbilder des Ehepaars Zeller besichtigt und bewundert werden. Diese befinden sich natürlich im Innern des Hauses. Manfred hat sich der gegenständlichen Kunst verschrieben, wovon sehr viele Aquarelle mit Motiven aus der Umgebung zeugen, während Eva vor allem abstrakte Bilder zu bieten hat, die insbesondere in ihrer Farbkomposition bestechen.

Dass eine Lesung mit Musik und Kunst in Zeiten der COVID-Krise stattfinden konnte, ist nichts Selbstverständliches. Umso mehr freue ich mich, dass diese Veranstaltung unter der Ägyde Manfred Zellers und im Zellerschen Atelier stattfinden konnte und sich notabene zahlreiche Kulturinteressierte, natürlich alle mit Schutzmasken ausgerüstet, einfanden. Eine schöne Veranstaltung, von denen es in diesem Jahr viel zu wenige gibt.

Kunst&Kultur, Eichgraben, 12. Oktober 2019

Nie zuvor war ich in Eichgraben im Wienerwald gewesen. Umso mehr freute ich mich, dass dieser beschauliche Ort mit der Schnellbahn direkt vom Westbahnhof aus zu erreichen ist. Zwei Freunde – eifrige Lesungsbesucher und meine treuesten Begleiter zu solchen Veranstaltungen – fuhren mit mir. Der Verein Kunst und Kultur befindet sich wenige Schritte neben dem Bahnhof; bereits vom Zug aus hatte ich das mir bis dahin unbekannte Gebäude anhand der durch die Fenster erkennbaren Bildergalerie erkannt, und die Kaminstube, in der die Lesung stattfinden sollte, befindet sich im Nebenzimmer.

Die Lesung wurde vom Österreichischen Schriftstellerverband mitorganisiert, insbesondere von Elfriede Bruckmeier, die sozusagen den Heimvorteil besitzt und auch die Moderation übernommen hat. Als zweite Lesende war Magda Woitzuck eingeladen, die ich an diesem Abend kennenlernte. Persönlich bedaure ich, dass der ursprünglich als Dritter Vorgesehene, Ewald Baringer, aufgrund einer im Vorfeld aufgetretenen Terminverwechslung nicht teilnehmen konnte. So blieb es also bei einer Lesung von zwei Autoren. Magda und ich teilten uns die Lesezeit so auf, dass jeder zweimal zu Wort kam, was der Auswahl unserer Texte perfekt entsprach und, so meine ich, zudem für eine Auflockerung des Programms sorgte.

Mein erster Teil bestand aus einem Auszug aus der Erzählung Hominide – ich hatte, wieder einmal, den Beginn des ersten Kapitels gewählt, weil so die Erzählumgebung (eine Sippe von Australopithecinen vor etwa fünf Millionen Jahren in der afrikanischen Savanne) am besten verständlich wird. Magda Woitzuck begann mit einem ersten Text aus dem Buch Ellis, der in der Wüsten- und Steppenlandschaft Australiens spielt, wo die Autorin, bei Alice Springs, einige Monate ihres Lebens verbracht hat. Als zweiten Text präsentierte ich einen kulturhistorischen Reise-Essay aus meinem Buch Dort und anderswo. Zum Abschluss las Magda einen überaus humorvollen Text, der in der Literaturzeitschrift Podium veröffentlicht war.

Der Abend endete mit vielen persönlichen Gesprächen rund um den Büchertisch und, natürlich, einer Heimfahrt mit der Schnellbahn.

Café Prückel, Wien, 4. Juni 2019

Die Sommerlesereihe der Literaturvereinigung Podium hat inzwischen Kultcharakter. In diesem Jahr führte Birgit Schwaner durchs Programm, und am 4. Juni las ich gemeinsam mit Susanne Ayoub. Die Lesung war gut besucht, ich freute mich über bekannte und unbekannte Gesichter, und sogar der Präsident des Podium, Nils Jensen, gab uns die Ehre. Birgit Schwaner stellte das Podium und die jüngste Ausgabe der gleichnamigen Literaturzeitschrift vor, bevor sie uns Lesende ankündigte.

Das Thema der diesjährigen Veranstaltungsreihe hieß »Ferne Spiegel – Literatur und Geschichte«. Mir war von Beginn an klar, dass ich diesmal einen unveröffentlichten Text lesen musste, einen Auszug aus dem noch nicht ganz fertiggestellten Roman Glut, die Geschichte eines Gelehrten, die vor etwa viertausend Jahren in Sumer spielt. Überhaupt enthält dieser Roman eine Vielzahl an historischen Themen und Bezügen, die mir perfekt zum vorgegebenen Thema passten.

Susanne Ayoub las hingegen Texte, die im heutigen Wien spielen, eine Menge Lokalkolorit und seine immanente Geschichte zeigen sowie die Erfahrungen der Autorin verraten, die in zwei Kulturen aufgewachsen ist. Da erfuhr man eine Menge Interessantes und freute sich, einzelne Texte in ihren veröffentlichten Büchern verorten zu können.

Die überraschendste Konstellation des Abends war indes weder geplant noch präsentiert – sie hatte sich zufällig eingeschlichen, was sie umso reizvoller machte: Susanne, die aus ihrer Jugend auch den Irak kennt, las aus Wiener Texten; ich jedoch, der ich nur in Wien verwurzelt bin, präsentierte eine Geschichte über das (historische) Zwischenstromland. Es gefiel mir, dass auch einigen der Zuhörenden dieser unausgesprochene Zusammenhang, wenngleich mit einiger Verspätung, aufgefallen ist.

Die Lesung und der Abend im Prückel gingen mit vielen Einzelgesprächen und Buchverkäufen zu Ende. Die Sommerlesereihe des Podium wird es natürlich auch in den Folgejahren geben.

Häferl, Wien, 12. Jänner 2017

Der Eingang fast wie die Pforte zu einem Märchen: Hinter der Mauer befindet sich ein weitläufiger Garten, und das Gemäuer zur linken Seite führt durch einen geradezu versteckten Gang zu einer Kirche hinan. Natürlich trugen das feuchte Wetter und die Dunkelheit des frühen Winterabends eine Menge zu diesem etwas schaurigen Eindruck bei. Im Haus residiert seit vielen Jahren eine Vereinigung, die unter anderem zahlreiche kulturelle Veranstaltungen durchführt. Deshalb war ich geladen, aus meinem Buch Hominide zu lesen.

Die Runde war, um eine Redewendung zu strapazieren, klein, aber fein. Franz Blaha moderierte, Lidio rezitierte aus seinen argentinischen Erzählungen, ich hatte Auszüge aus den verschiedenen Kapiteln meiner Erzählung vorbereitet, und nach unseren Darbietungen wurde gemeinsam gegessen und getrunken. Danach, gemäß der Sitte des Hauses, literarische Beiträge der Anwesenden.

Ein gemütlicher Abend voll der Plaudereien, mit Literatur, Kultur und Reiseerfahrungen. Viel zu schade, dass solche Veranstaltungen dann doch zu früh enden.

Museumsquartier, Wien, 10. Dezember 2016

Auf einer Buchmesse zu lesen, war doch eine neue Erfahrung für mich: Buchquartier 2016. Mehrere Räume des Museumsquartiers boten der Messe der Klein- und Independent-Verlage ein Forum; zum vierten Mal fand diese Veranstaltung bereits statt, die, im Gegensatz zur Buch Wien im November, viel familiärer und überschaubar wirkte.

Mein Auftritt wurde anmoderiert, ein paar Worte zu meiner Person gesagt. Das ist mir viel lieber so, denn wenn ich mich selbst am Beginn einer Lesung vorstellen muss, komme ich mir immer komisch vor. Wenns aber wer anderer macht, passt es.

Während meiner Lesung wurde – hinter meinem Rücken – das Cover meines Buches, Hominide, auf eine große Leinwand projiziert. Im Vorfeld hatte ich lange überlegt, welche Passage ich vorlesen sollte, und war dann doch beim Anfang verblieben. So, denke ich, kennt man sich als Zuhörerin oder Zuhörer am besten aus. Wer mehr haben möchte, wer den ganzen Sprachwitz auskosten möchte, wird sich das Buch hoffentlich kaufen.

Hinter den Sitzreihen für das Publikum schlossen die ersten Buchstände an, deren Repräsentanten meiner Darbietung sichtlich lauschten. Ansonsten war allerdings an diesem Vormittag noch nicht viel los, und so glich meine Lesung geradezu einem Privatissimum.

Fundació Valvi, Girona, 22. April 2016

Am Vortag des Sant Jordi hielt ich eine Lesung in Girona. Diese Stadt liegt etwa hundert Kilometer nördlich von Barcelona. Beim Zugang zum Schnellzug, den die Lyrikerin Marta Pérez Sierra für uns beide gebucht hatte, staunte ich über die Sicherheitskontrollen, die jenen eines Flughafens ähneln. Auf einem Bahnhof hatte ich so etwas noch nie gesehen.

Girona ist für den »Call« berühmt, das ist das alte jüdische Viertel mit vielen schmalen und verwinkelten Gassen – ein Paradies für Hobbyfotografen. Natürlich gibt es auch ein jüdisches Museum und eine einschlägige Buchhandlung, aber sonst ist außer Straßennamen und den Bezeichnungen von Restaurants nichts mehr von der einstigen Hochblüte zu sehen, die unter anderem den jüdischen Arzt, Rabbiner, Philosophen und Dichter Nachmanides hervorbrachte, der im 13. Jahrhundert wirkte. Girona gilt zudem als eines der wichtigsten kabbalistischen Zentren des Mittelalters.

Consol Vidal i Riera, die sich wegen ihrer Liebe zu tunesischen Landschaften selbst als Dichterin der Wüste, »la poeta del desert«, bezeichnet, hatte im Vorfeld alles organisiert. Gleich drei Institutionen führten Feder, nämlich das Kunsthaus Fundació Valvi, wo die Lesung stattfand, die Organisation der Freunde der Unesco in Girona, deren Vertreter Lluís Lucero durch die Veranstaltung führte, und die Buchhandlung Llibreria 22, die den Buchverkauf abwickelte. Zudem hatte sie einen jungen Pianisten gefunden, Blai Ciurana Abellí, der uns mit mehreren klassischen Stücken durch den Abend begleitet hat.

Am Nachmittag spazierten wir durch die Altstadt – auch Girona hat eine Rambla –, streiften den jüdischen Call, und Consol lud fast jede Ladenbesitzerin zur Lesung am Abend ein. Während dieses Spaziergangs hatte Blai eine Überraschung auf Lager. Vor Kurzem, erfuhr ich, hatte er eine Abhandlung über die Kirchenglocken Gironas verfasst. Er wusste ganz genau, wo welche und wie viele Glocken hängen, aus welchem Material sie bestehen und wie sie klingen. Quasi zur Illustration hob er, wenn irgendwo eine Kirchenglocke ertönte, den Kopf, sagte uns, welche das sei – die Glocken haben sogar eigene Namen! – und in welchem Gebäude sie sich befindet. Allein ihr Klang rief diese Information aus seinem Gedächtnis wie aus einer Enzyklopädie ab. Ein sehr ungewöhnliches Wissensgebiet, das ist klar, doch seine profunden Kenntnisse und vor allem, dass er jede Glocke sofort erkannte und charakterisierte, sicherten ihm meine Bewunderung.

In Girona merkte ich an diesem 22. April noch kaum etwas vom bevorstehenden Buchfest, doch die Medien ließen keinen Zweifel daran, dass sie alle literarischen und künstlerischen Veranstaltungen im Vorfeld, wie auch meine Lesung, irgendwie dazuzählten. So erklärte ich mir die Anwesenheit des katalanischen Fernsehens TV3 und von TV Girona. Eine junge Journalistin produzierte einen Zweiminutenclip über die Lesung, inklusive Interview mit mir, bei dem ich viel nervöser war, als im Video zu sehen ist. Im Anschluss an die Lesung gab die anwesende gironesische Lyrikerin Isabel Oliva i Prat ebenfalls ein Pianostück zum Besten, denn sie hatte ihr Leben lang auch als Klavierlehrerin gearbeitet. Übrigens war sie erst vor Kurzem neunzig geworden, und ich freute mich, sie endlich persönlich kennenzulernen.

Lluís Lucero hielt eine ziemlich lange Einführungsrede über mich und mein Buch, Blaus, mit dem ich einen katalanischen Lyrikpreis gewonnen hatte. Er hat sich definitiv mit meiner Person und dem Buch beschäftigt – ich muss sagen, eine derart ausführliche Analyse habe ich noch nie erlebt. Die tolle Gestaltung mit Moderation, Klaviermusik und meinen Texten (ich las aus Blaus, während Cinta Mitjana ein paar Gedichte aus vortrug) hinterließ, so denke ich, nicht nur bei den Anwesenden einen großartigen Eindruck, sondern auch bei mir.

Literaturhaus, 1070 Wien, 16. Dezember 2015

Der Österreichische Schriftsteller/innen/verband lud zur Vorstellung der Anthologie Erbe und Auftrag, in der sich Texte der Mitglieder befinden, die in irgendeiner Weise mit dem Verband selbst und seiner Geschichte zu tun haben. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen durfte ich meinen Beitrag vortragen, einen kleinen Essay, der meine ganz persönliche Geschichte mit dem Verband erzählt. Diese Geschichte begann bereits 1987, als ich, als sehr junger Autor, der bis dahin lediglich ein paar Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften vorzuweisen hatte, als Mitglied aufgenommen wurde.

Viele gaben ihre Betrachtungen zur Geschichte des Schriftsteller/innen/verbandes zum Besten oder steuerten Humorvolles bei. Wie immer bei solchen Veranstaltungen nutzten wir, die Autorinnen und Autoren, die Gelegenheit zum Netzwerken. Und selbstredend auch zum Kennenlernen neuer Texte der andern.

Die Anthologie wurde bereits im Vorfeld an alle Mitglieder versandt, und im Literatur wurde sie zum Kauf angeboten. Der Abend endete nach der vielen Prosa und Lyrik, wie gewohnt, bei einem kleinen Buffet.

AU, 1160 Wien, 28. April 2015

Ein Abend im Zeichen von Sant Jordi - des Heiligen Georgs, Schutzpatron Kataloniens. Dieser Tag wird in den Katalanischen Ländern als Tag des Buches und der Rose gefeiert, und auf Ansuchen der katalanischen Regierung bei der UNESCO ist Sant Jordi, der 23. April, nun Welttag des Buches. Ein paar Tage nach diesem Datum hielten wir unsere Lesung in Wien im 16. Bezirk. Es war eine dreisprachige Lesung, den zu hören waren Deutsch, Katalanisch und Spanisch. Katalanen, Spanier und Österreicher feierten mit viel Poesie und Humor.

Marta Aràgnega las Gedichte ihrer Mutter Montserrat Gallart, zu denen ich die deutschen Übersetzungen beisteuerte. Christian Ribera las seine Texte katalanisch, Melamar die ihren deutsch. Mit Übersetzungen in die eine oder andere Richtung wurde der Abend für alle Anwesenden ein Genuss.