Podium-Porträt

Podium-Portäts werden von der Literaturvereinigung Podium herausgegeben. Sie geben einen Einblick in das lyrische Schaffen österreichischer Autor*innen. Klaus Ebners Podium-Porträt enthält Auszüge aus den publizierten katalanischen und deutschen Gedichtbänden sowie von in Zeitschriften veröffentlichten und unveröffentlichten Texten. Das einführende Vorwort steuerte die Literaturwissenschaftlerin Hannah Mühlparzer bei: »Respiro paraules/Ich atme Worte Eine Annäherung an Klaus Ebner«.

Das Buch ist als günstiges Taschenbuch beim Verein Podium erhältlich.

Zu bestellen im Podium-Webshop.


Podium-Porträt

Nacht vergangen, Löffel leer
mein Glas ist halb gefüllt
ein Blatt Papier
die Feder trocken
aufgewacht zu neuem Morgen
eine Zeile, müde noch
Gedanken lugen schläfrig aus der Stirn
ich fühle Zeit

 

ich atme Worte
die schon vor der Sprache
der sie angehörten
existierten
ich öffne meine Hände
um sie zärtlich zu berühren
es ist der Duft der verrinnenden Zeit
die ich dem Leben entlehne

respiro paraules
que aparegueren
abans que la llengua a la qual pertanyen
existís
obro les mans per a tocar-les
delicadíssimament
és l'olor del temps passant
que vaig manllevar a la vida

 

du warst dabei
ein Blick zurück
das Schwarz des Kosmos
breit-
gefasst
ich blinde mich
und spüre dich
als lachenden Photonenstrahl

 

brasige Hände
geschwollener Teint
ich schneie
mit augengliedrigem
Atem

 

dort gewesen
in Gedanken atme ich
die rote Luft
berühre ich das weiße Mauerwerk
und höre ihre Stimme
war ich dort? ich weiß es nicht
Erinnerung pulsiert in meinen Adern
Bilder glosen farbig
blau und gelb und lila
Klänge und Gerüche
in Gedanken
dort gewesen
ewig dort

 


Rezensionen

fang mir ein Haar/ich näh es mir/zum Spalten ein. Könnte es in dieser Selbstironie eine bessere Charakteristik des Verfassers dieser Zeilen geben? Oder sehen Sie die nächsten Zeilen auch mit diesem persönlichen Mehrwert?: nie wär ich/geflohn/ein Wolken-/bruch/der Einsicht/ausweg-/los war ich/durchnässt. Es ist so schön, so mutige Texte zu lesen zu bekommen! Außerdem sind in so kurzen Miniaturen die Nuancen des Inhalts und der Sprache zu erspüren.

(…)

Klaus Ebner hat eine eigene Sprache gefunden: SEINE eigene Sprache. Er setzt sich nicht nur mit der Welt und der Fremdheit auseinander, sondern mit sich selbst und dem bewussten Erleben seiner beiden Sprachen. S. 15 meint er minutiös: ich atme Worte/die schon vor der Sprache/der sie angehören/existierten/ich öffne meine Hände/um sie zärtlich zu berühren/es ist der Duft der verrinnenden Zeit/die ich dem Leben entlehne.

Die 43 sparsamen Lyriken dieses Bandes der Podium-Reihe sind wirklich zum Genießen!
Ein tolles Werk, voll mit Klang und Gerüchen!

Eva Riebler
In: Etcetera Heft 96, Juni 2024, S. 71
Vollständige Rezension im Web der LitGes


Liliput ist in seiner Urform eine fiktive Insel in Swifts Roman Gullivers Reisen. Später hat sich unter diesem Namen die Idee durchgesetzt, eine große Welt überschaubar zu machen, indem man sie verkleinert, bis sie auf einem Handteller Platz hat.

In der literarischen Serie „Podium Porträt“ wird die große Welt der Poesie heruntergebrochen auf einen wesentlichen Gedanken, der einer porträtierten Person als Lebensmotto dienen könnte. Das „Liliput“-Format in Postkartengröße und im Umfang von 64 Seiten (wie einst bei den Perry-Rhodan-Heften) ermöglicht es, das jeweilige Porträt als Visiten- und Grußkarte unter Freunden zu verschicken. Und wie in den klassischen Fußballer-Sammlungen von Panini werden die lyrischen Stars mittlerweile gehandelt, gelesen und getauscht.

Klaus Ebner ist im März 2024 Star der Podium-Sammlung. Seine „Lebensthese“ fasst Hannah Mühlparzer in ihrer Einbegleitung mit der Fügung zusammen „Respiro paraules / Ich atme Worte“. Darin ist wundersam knapp zusammengefügt, dass der Autor seine Texte oft in Katalanisch mitverfasst, um den Gedichten eine zusätzliche Sprachbeleuchtung zu verpassen. In der Poesie gilt ja die Annahme, dass sie in allen Sprachen der Welt auftritt, weshalb sie nie eindeutig ist. Die Überlebensformel „Ich atme Worte“ lässt sich wahrscheinlich von allen Sprachen beflügeln wie ein „fang mir den Mond“ (23) oder „die Sonde meiner Seele“ (45).

(…)

Die Würdigung jenes Kosmos, den Klaus Ebner für uns ausgelegt hat, vollzieht die Autorin anhand des Titel-gebenden Gedichtes in Katalanisch und Deutsch.
„ich atme Worte / die schon vor der Sprache / der sie angehören / existierten / ich öffne meine Hände / um sie zärtlich zu berühren / es ist der Duft der verrinnenden Zeit / die ich dem Leben entlehne“
„respiro paraules / que aparegueren / abans que la llengua a la qual pertanyen / existís / obro les mans per a tocar-les / delicadíssimament / és l’olor del temps passant / que vaig manllevar a la vida“ (15)

Diese simultane Anwendung der beiden Layouts stellt die übliche Art des Übersetzens in Frage, heißt es, und in der Conclusio kommt eine Überlegung zum Vorschein, wonach sich die Gedichte sowohl in die Ferne, als auch ins Innere richten. Die Gedichte haben also nicht nur einen pan-poetischen Zug hinein ins Universelle, sondern auch die Schleuderkraft eines Empfindungspfeils, wenn dieser von innen nach außen zielt, aber von außen nach innen wirkt, wohl hinein bis mitten ins Herz. Biographische Daten und ein Überblick über die Publikationen lassen die Größe dieses Podium-Konzepts final aufblitzen. In jedem einzelnen Porträt nämlich müssen Leben, Wirken und Werk eingedampft werden auf die magische Seitenzahl 64.

Das Podium Porträt über Klaus Ebner ist naturgemäß „zeitlos“, andererseits unterliegt es auch der Schwerkraft während der Publikation im Jahre 2024. Die Podium Serie hat ihren geographischen, mentalen und personellen Schwerpunkt wohl in Niederösterreich und unterliegt den Passatwinden des Landes mit seinen vier Vierteln. Seit Beginn des aktuellen Jahrhunderts sind 127 Porträts entstanden, die ein quasi kanonisiertes Potpourri von Literatur dokumentieren.

(…)

Helmuth Schönauer
10. März 2024
Link zur vollständigen Rezension bei Lesen in Tirol
Link zur Rezension in der Poesiegalerie, Juli 2024


Bestellung

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Covergestaltung

Buchsatz und Cover der Reihe werden von Manfred Kriegleder unter Verwendung des Podium-Logos von Alfred Gesswein gestaltet.